20-Jahr-Feier des Johannes-Hospizes

(31.10.2024)

Am 27. September 2004 wurde die erste Patientin im neu gegründeten Johannes-Hospiz der Barmherzigen Brüder in München-Nymphenburg aufgenommen. An die 3000 Menschen wurden seitdem hier auf ihrem letzten Lebensweg begleitet. Zahlreiche Mitarbeitende, Ordensbrüder, Freunde und Förderer trafen sich am 21. September in der Pfarrei Christkönig in München, um das Jubiläum zu feiern. 

Ein Haus der Würde 

„20 Jahre Johannes-Hospiz, wir feiern hier nicht Tod und Sterben, sondern dass der Mensch an seinem Lebensende nicht beiseitegeschoben, vielmehr in den Mittelpunkt gestellt wird; dass sich in den 20 Jahren so viele Mitarbeitende von der Leitung bis hin zur Reinigungskraft, der Krankenpflege, den Seelsorgern, Atem-, Musik-, Bewegungstherapeuten hier all die Jahre um die Menschen und ein Sterben in Würde gekümmert haben und weiter kümmern.“ Dies waren Gedanken von Pater Thomas Väth, 1. Provinzrat und Prior in Regensburg, der den Festgottesdienst zusammen mit Diakon Markus Paulke in der Pfarrkirche Christkönig in München-Nymphenburg zelebrierte. Mitarbeiterinnen des Hospizes brachten symbolisch Gegenstände zum Altar, mit denen der Mensch am Lebensende umsorgt wird und die guttun. Zudem spirituelle Bedürfnisse wahrzunehmen, macht die Arbeit des multiprofessionellen Teams aus, das wurde hier deutlich. „Spiritual Care“ als Teil ganzheitlicher Pflege. 

Auch die musikalische Gestaltung kam von Mitarbeitenden aus dem Hospizumfeld: Krankenpfleger Andreas Lichey an der Gitarre, Missionsschwester vom Heiligsten Erlöser und Palliative- und Spiritual-Care-Fachkraft Mirjam Prillwitz mit der Querflöte und Musiktherapeut Richard Löhr am E-Piano gaben bekannten Kirchenliedern eine persönliche Note. Danach ging es weiter zum Empfang im Innenhof der Pfarrei. Bei strahlendem Sonnenschein gab es regen Austausch, der nach den Festreden nochmals vertieft wurde. Nach der Begrüßung durch Hospizleiter Gregor Linnemann sprach Provinzial Frater Rudolf Knopp das Grußwort. Er erinnerte an die Anfänge vor 20 Jahren, als es in Deutschland nur 30 Hospize gab, in Bayern gerade einmal zwei. Ein größeres Angebot war zwingend nötig: Mit dem Architekten Jochen Sütfels, Hospizleiter Gregor Linnemann sowie dem Künstler und Bildhauer Matthias Larasser-Bergmeister seien Menschen vereint gewesen, bei denen die bauliche, fachliche und spirituelle Dimension des Hospizes von Anfang an in guten Händen lag, bilanzierte der Provinzial. 

VIELE FÖRDERER 

Auch das damalige Gesundheits- und Sozialministerium erkannte die Notwendigkeit und förderte, allein bei den Aufsichtsbehörden galt es noch so manche Überzeugungsarbeit zu leisten. „20 Jahre lassen dankbar zurückschauen, weil hier über 3000 Menschen ein Sterben in Würde ermöglicht wurde. Und weil es Förderer und Stifter gab und gibt, die dazu beitrugen, kein Standardhospiz zu sein, sondern ein Mehr an Dienstleistung anzubieten, zusätzlich zu den von den Kassen geförderten.“, so der Provinzial. Dieses Mehrangebot sei vor allem auch der Gruppe der ehrenamtlichen Hospizhelfer zu verdanken sowie den Kooperationen mit dem Krankenhaus der Barmherzgen Brüder München, der Caritas und den Maltesern. Der Alltag werde jedoch getragen von einer tollen und über die Maßen engagierten Dienstgemeinschaft, der der Provinzial ein herzliches Vergelt’s Gott aussprach. Besonders beeindruckt habe ihn einmal der Ausspruch einer Patientin, sie habe im Johannes-Hospiz die schönste Zeit ihres Lebens verbracht. Dem scheidenden Hospizleiter Gregor Linnemann sprach er seinen großen Dank aus und wünschte ihm alles Gute für die Zukunft, dem Nachfolger Ulrich Heller einen guten Neubeginn. 

GUTE ZUSAMMENARBEIT 

„Hospiz- und Palliativversorgung in einer Zeit des Wandels“, unter diesem Motto stand der Festvortrag von Prof. Dr. Claudia Bausewein, Leiterin des Interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin am Klinikum Großhadern. Die Palliativmedizinerin attestierte dem Johannes-Hospiz seit 20 Jahren eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Wir sind dankbar, dass wir ‚die Brüder‘ an unserer Seite haben. Hier werden Entscheidungen stets im Sinne der Patienten und der Menschlichkeit, getroffen.“ Ihr ganz besonderer Dank galt Gregor Linnemann, „ein Leiter mit einem weiten Herz und Geist, der wirklich am Patientenbett steht“. Die Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland mit heute rund 290 Hospizen in Deutschland sei eine wirkliche Erfolgsgeschichte, lobte Professorin Bausewein, doch es sei eine Steigerung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung notwendig. Nur einer von fünf Menschen finde sich im Gesundheitssystem zurecht, wenn jemand stirbt oder Versorgung für ältere Menschen braucht. Der Bedarf der Palliativversorgung werde aber deutlich steigen. Laut einer englischen Studie werden im Jahr 2040 rund 42 Prozent der Bevölkerung eine Palliativversorgung benötigen, das sind 1,2 Millionen Menschen in Deutschland. Demgegenüber stünden zunehmende Ökonomisierung und Pflegenotstand im Gesundheitswesen. 

ZUKUNFT DER HOSPIZE 

Haltung, Kompetenz und Fürsorge in der Hospiz- und Palliativversorgung mit radikaler Patienten- und Angehörigenzentriertheit könnten jedoch Leuchtturm-Charakter für das gesamte Gesundheitswesen haben, machte die Palliativmedizinerin Mut. Auch die hohe kommunikative Kompetenz, um die Nöte der Betroffenen zu erkennen, das multiprofessionelle Arbeiten auf Augenhöhe, mehr Freiheiten im Vergleich zu anderen Einrichtungen sowie das Bewahren und Weitergeben der Hospizphilosophie der Gründergeneration an künftige Generationen, all dies seien gute Perspektiven. 

GRENZGÄNGER 

Gregor Linnemann verabschiedete sich dann in einer sehr persönlichen Dankesrede: „Je länger ich dabei bin, sterbende Menschen zu versorgen und in ihrer Nähe zu sein, desto weniger bin ich mir gewiss in Bezug auf Erkenntnisse. Die Gewissheiten lassen nach, das Bewusstsein für das nicht Erklärbare, für das Mysterium wird größer.“ Und an das Team gerichtet: „Gemeinsam waren und sind wir Grenzgänger … wir bewegen uns an der Grenze zwischen Leben und Tod, erleben Dinge, von denen die meisten Menschen nichts wissen wollen … Für die Hospizarbeit müssen wir die Bereitschaft mitbringen, uns verändern zu lassen, auch schmerzhafte Prozesse zu durchleben, hin zu Reife und Wachstum.“ Danach wünschte Gregor Linnemann seinem Nachfolger Ulrich Heller alles Gute für die Zukunft und viel Kraft. 

Das Quartett der Yehudi-Menuhin-Stiftung „Live Music Now München“ verzauberte mit Mozart-Klängen. Dazu passte auch das Zitat ihres Gründers, des Star-Geigers Yehudi Menuhin: „Musik heilt. Musik tröstet. Musik bringt Freude.”

Text und Fotos: Kirsten Oberhoff